Navarra

Der „kleine Kontinent“, wie die Region Navarra im Norden der iberischen Halbinsel auch gerne genannt wird, ist der Inbegriff spanischen Stolzes. Einst ein unabhängiges Königreich, hat Navarra seine vollständige finanzielle und exekutive Souveränität gegenüber dem spanischen Zentralstaat behauptet. Feuer, Blut und Feste prägten seine Vergangenheit und sind noch heute allgegenwärtig: In den verwinkelten Gassen der romanischen Hauptstadt Pamplona genauso wie in der zerklüfteten Schönheit der Pyrenäen und im eigenwilligen Charakter seiner Bewohner.

Landschaft und Lage

Navarra Pyrenäen

Mit 10.391 Quadratkilometern Fläche und nur einer Provinz ist Navarra die kleinste Region Spaniens. Nichtsdestotrotz spiegeln sich ihre auf den ersten Blick ambivalent erscheinenden Eigenheiten auch in der Vielfalt der Landschaft wider. Im Süden, an der Grenze zu Kastilien-León und dem Baskenland, liegt das von der UNESCO als Biosphärenreservat geschützte Wüstengebiet „Bardenas Reales„. Weiter im Landesinneren beginnt das fruchtbare Ebro-Flusstal mit seinen weiten Wein- und Olivenhainen, gefolgt von Eichen- und Buchenwäldern in der Gegend um Irati bis hin zur wilden, urwüchsigen Landschaft des an Frankreich grenzenden Pyrenäengebirges im Norden. Der mit 2434 Metern höchste Berg der Region, der Mesa de los Tres Reyes, liegt im Osten an der Demarkationslinie zu Aragonien. Je weiter man Richtung La Rioja und dem Baskenland im Westen reist, desto niedriger werden die Berge um schließlich ganz zum Flussbecken des Bidasoa hin abzuflachen.

Klima

Ebenso facettenreich wie die Landschaft ist auch das Klima der Gemeinschaft und Provinz Navarra. Während im Norden ein feuchtes Bergklima mit winterlichen Durchschnittstemperaturen von 6-8 Grad Celsius vorherrscht, ist die Talzone im Süden von trockenen Sommern mit Temperaturen von bis zu 24 Grad und relativ kalten Wintern geprägt. Im Zentrum der Region ist das Klima mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 15 Grad durchgängig mild.

Geschichte und Neuzeit

Gassen von Estella

Navarras Eigentümlichkeit begründet sich auch in seiner Geschichte. Im Jahr 905, nach dem Zerfall der westgotischen und asturischen Reiche, wurde es als eigenständiger Staat gegründet und von 1234 bis 1512 vom Grafen der französischen Campagne regiert. Ein blutiger Bürgerkrieg führte schließlich zur Teilung. Während der Süden Aragon einverleibt wurde, konnte der Nordteil bis 1589 seine Unabhängigkeit bewahren. Als Heinrich der III. von Navarra zum König von Frankreich gekrönt wurde, gehörte Nord-Navarra zwar offiziell zu Frankreich, behielt jedoch seine eigenständigen inneren Institutionen bei. 1982 errang Navarra den Status einer autonomen Gemeinschaft mit all seinen Privilegien wie steuerlicher und exekutiver Souveränität.

Hier mag auch der Grund für den Wohlstand der Region liegen. Navarras rund 620.000 Bewohner beziehen das höchste Durchschnittseinkommen Spaniens. Während die Einwohner früher vor allem von der Landwirtschaft lebten, sind heute 35% der Bevölkerung in industriellen Wirtschaftszweigen wie der Lebensmittelverarbeitung, Metall- und Chemieindustrie sowie der Papierherstellung beschäftigt. Auch deutsche Unternehmen wie Liebherr, Bosch und die Volkswagen AG, deren VW-Polo-Werk in Pamplona steht, haben in die Region investiert. Ein weiterer wichtiger und zukunftssicherer Arbeitgeber ist der Windenergielieferant Gamesa Eolica.

Kultur

Sprache

Die landschaftliche und klimatische Drei-Zonen-Unterteilung zieht sich auch im regionalen Sprachgebrauch fort. So wird in 162 Gemeinden zwar ausschließlich Spanisch gesprochen, in der baskischen Zone mit 62 Gemeinden aber hauptsächlich Baskisch. Weitere 48 Gemeinden haben sowohl Spanisch als auch Baskisch zur Amtssprache ernannt.

Feste, Freizeit, Attraktionen

Feste in Navarra

Neben der beeindruckenden landschaftlichen Vielfalt und den 50 Naturparks, die zum Wandern, Klettern, Jagen, Angeln, Mountainbiking, Paragliding und im Winter sogar zum Skilanglauf einladen, haben vor allem die Städte Pamplona und Estella mit ihren vielen pompösen Feierlichkeiten und historischen Gebäuden Navarra-Reisenden einiges zu bieten. Die Hauptstadt, in der ein Drittel aller Einwohner Navarras leben, ist besonders durch die Sanfermines mit ihrem umstrittenen Stierlauf (Encierro) durch die engen Gassen der Altstadt bekannt. Jahr für Jahr sorgt die große Zahl an Verletzten und Toten nicht nur in Spanien für Schlagzeilen. Weniger blutig verläuft der Karnevalsumzug Zanpantzerrol bei dem riesige Pappmachéfiguren durch die Straßen getragen und am Ende mit einem pompösen Feuerwerk verbrannt werden. Estella mit seiner weltberühmten Freitreppe vor der Iglesia de San Pedro de la Rúa und zahlreichen Musikfestivals lockt das ganze Jahr über Kunstliebhaber aller Art an. Weitere Highlights der Region/Provinz sind die Mittelalterfeste, die im Anfang des 15. Jahrhunderts erbauten Königspalast von Olite, die Barockstadt Corella sowie die von seiner maurischen und jüdischen Vergangenheit zeugende Kathedrale in Navarras zweitgrößter Stadt Tudela. Nur 30 km von Pamplona entfernt, liegt Artajona, ein kleines Dorf mit seiner beeindruckenden, aus dem 11. Jahrhundert stammenden Festung „El Cerco“. Weitere beliebte Ausflugsziele sind das historische Städtchen Bera/Vera de Bidasoa im Cinco Villas-Tal und Isaba mit seiner königlichen Wehrkirche San Cipriano aus dem 16. Jahrhundert. Dank Hape Kerkeling erfreut sich auch der Jakobsweg bei Deutschen wieder großer Beliebtheit. Auf den Spuren der Pilger kann man entlang der Hauptroute von der französischen Grenze über Puente la Reina Richtung Santiago zahlreiche Kirchen, Klöster, Museen und pittoreske Dörfer bewundern. Startpunkt der Reise ist dabei oftmals das malerische Orreaga/Roncesvalles, das durch die Niederlage Karls des Großen zu geschichtsträchtiger Berühmtheit gelangte. Doch auch, wenn Sie keine Wanderung über den Jakobsweg antreten wollen, ist die sagenumwobene Stiftskirche und einstige Zufluchtsstätte der Pilger mit ihrer mittelalterlichen Architektur einen Besuch wert.

Küche

Über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist der „Pacharán„, ein roter Likör aus in Alkohol eingelegtem Anis und Schlehe. Mit knapp 130 Weingütern bietet Navarra außerdem eine Vielzahl unterschiedlichster Reben, von denen vor allem der rote Tempranillo sowie der weiße Vivura zu empfehlen sind. Die Küche ist ländlich rustikal mit vielen Wild- und Fischgerichten sowie dem traditionellen Spanferkel. Für Abwechslung sorgen Gemüseeintöpfe, Salate, Hülsenfrüchte und der mit einem Gütesiegel ausgezeichnete Spargel aus dem Ebro-Tal.

Fazit

Navarra ist nicht umsonst in erster Linie durch das Stiertreiben bekannt. Ebenso wie ihr animalisches Wahrzeichen entfaltet die kleine Provinz im nördlichen Spanien ihre volle Schönheit in einer widersprüchlichen Synthese von kultiviertem Sanftmut und wilder Ursprünglichkeit. Besonders für Aktivurlauber und Kulturenthusiasten ist Navarra ein wahrer Geheimtipp. Aber Achtung: Um den ganzen Reiz der Region zu erforschen, bedarf es weit mehr als einer einzigen Reise.

Bildquellen und -lizenzangabe:

1. Bild (Header): Torito von Amir K.

2. Bild: Foces 14 von rahego

3. Bild: Calles de Estella von FreeCat

4. Bild: Ohne Titel von mimentza

Alle vier Bilder stehen unter der http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Links:

http://www.turismonavarra.es/deu/home/
http://www.red2000.com/spain/region/2r-navar.html

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